Dio2 geht als Vierter über die Landesligaziellinie

Am 13. und 14.April durfte unsere zweite Mannschaft nach drei miefigen Stadtligajahren endlich mal wieder eine ganzes Wochende lang die frische Landesligaluft in der City-Nord schnuppern.
Der Hamburger Schachverband hatte wieder einmal eine gelungene Schlussveranstaltung auf die Beine gestellt, nur die samstäglichen Bohrhammergeräusche aus der Signal-Iduna-Garage sorgten für eine gewisse, ungewollte akustische Ablenkung. Wir hatten bereits vorher den Klassenerhalt (für einen Aufsteiger ziemlich souverän und früh) klar gemacht, so dass wir ohne jeden Druck in die Spitzenspiele gegen St. Pauli 1 und Spitzenreiter Königsspringer 2 gehen konnten. Leider mussten wir aus den unterschiedlichsten Gründen auf viele erfahrene Spieler verzichten, so dass wir doch etwas ersatzgeschwächt an die Bretter traten. Der ausgegebene Matchplan bestand somit diesmal in einem schlichten „Lasst uns einfach Spaß haben und schöne Partien spielen“. Und so sollte es auch kommen…
Am Samstag war der Druck klar verteilt. Unserer Gute-Laune-Strategie traf auf eine St. Pauli-Truppe, die im Gegensatz zur Fußballsparte dringend einen Sieg für den Aufstieg benötigte (Anm. d. Redaktion: die benötigen den Sieg eher für den Klassenerhalt) und dazu noch auf dem Papier klar favorisiert war.
Den Anfang machte sehr früh Fabian, der am Spitzenbrett relativ bequem mit Schwarz ausglich und ein schnelles Remis beisteuerte. Lange passierte dann nichts Endscheidendes, so dass die Zeitnotphase durchaus Spannung versprach. Bei seiner Landesliagpremiere hatte Mark gegen den rd. 500 Punkte stärkeren Ex-Diogenesen Patrick Stenner lange Zeit einen ausgeglichenen Abtauschfranzosen auf dem Brett, aber der Gegener setzte sukzessive Nadelstich um Nadelstich und platzierte seine Figuren zunehmend aktiver, so dass Marks Königsstellung bald zusammenbrach. Nichtsdestotrotz eine Leistung auf die man aufbauen kann! Danach konnte Dominik gegen den uns ebenfalls nicht unbekannten und mit FM-Titel ausgestatteten Andreas Mitscherling mit Schwarz ein bärenstarkes Remis erzwingen. Doms aktive Eröffnungsbehandlung war hier der Schlüssel zum Erfolg. Weniger Glück hatte Ralf, der gegen den Drachen kein gutes Rezept fand und dessen Mehrqualität gegen die imposante gegnerische Bauernwalze letztlich ohne Chance war. Torben übte lange Zeit lästigen Druck aus ohne entscheidend durchbrechen zu können. Aber er beschäftigte den Gegner und lehnte zurecht ein Remisangebot ab. Im 36. und 37.Zug kam dann tatsächlich der entscheidende Fehlerdoppelpack, den Torben konsequent ausnutzte und uns zurück ins Spiel brachte. Danach musste leider Wolfgang die Segel streichen. Er hatte durch eine nette Abwicklung zwei Türme für die Dame erobert, verlor jedoch in der Folge völlig die Figurenharmonie. Seine zwei Figuren und zwei Türme wurden so leichte Beute für die gegnerische Dame. Mannschaftsführer Michael konnte wenig später endlich seine Vorteilsverwertung erfolgreich abschließen. Nach 23 Zügen Theorie musste nur noch die vage Kompensation des Gegners abgewehrt und die Mehrfigur zum Sieg geführt werden. Da weiß man, wofür die mehrstündige Theoriearbeit am Abend zuvor gut war (Danke an Ramona für die wirklich geduldige Analyse!). Wer jetzt richtig gezählt hat, kommt auf einen Zwischenstand von 3:4 und der noch offenen Partie von Ruidi. Und wer Ruidi und das Froms-Gambit ein wenig kennt, kann sich ausmalen wie wild die Eröffnung war. Es wurde die mit Abstand verrückteste Kaffeehauspartie der ganzen Saison, die Ruidi schließlich im 40.Zug gewann. Jeder Positionspieler wird Augenschmerzen bekommen, romantische Taktikfans sollten die Partie einfach mal nachspielen (die Partien findet ihr unter www.hamburger-schachverband.de). Unter dem Strich also ein glückliches 4:4, das St. Pauli schließlich dennoch zum Aufstieg reichen sollte. Glückwunsch und viel Erfolg in der Oberliga!
Am Sonntag sollten dann die gleichen acht Spieler das fast unmögliche Kunststück vollbringen, den diese Saison übermächtigen Königsspringern den ersten Mannschaftspunkt abzuknöpfen. Trotz harter Gegenwehr standen Mark und Ruidi früh auf verlorenem Posten, so dass wir schnell mit zwei Punkten hinten lagen. Letztlich sollten alle anderen Partie Remis ausgehen, von denen wir bei vier Partien keine nennenswerten wirklichen Chancen auf mehr hatten: Michael (mit Schwarz sehr schnell), Dominik (mit Weiß gegen die Tarrasch-Verteidigung), Torben (im Mittelspiel sogar eher unter Druck) und Wolfgang (langer Kampf im c3-Sizilianer bis ins tiefe Endspiel) konnten nichts Greifbares aus ihren Stellungen rausholen. Das konnte man von Fabian nicht behaupten. Unser Spitzenmann hatte ganz spürbaren Druck und Entwicklungsvorteil gegen einen Rubinstein-Franzosen herausgespielt. Nach einem ungenauen Angriffzug konnte der Gegner jedoch überraschend kontern und die Stellung bis zum Remis vereinfachen. Eine wilde taktische Schlacht lieferten sich schließlich Karin und Ralf, der im Mittelspiel einen Riesenläufer b7 vorweisen konnte. Leider war Ralfs Zeit zu knapp, um den taktischen Knockout zu finden (den muss es gegeben haben) und so ging es in die Verlängerung. Bis um 16 Uhr versuchte Kämpfernatur Ralf ein remisiges Springer/Turm-Endspiel doch noch zu gewinnen. Schließlich konnte Karin aber die letzten Bauern vernichten und das sechste Remis des Tages bzw. der neunte Königsspringersieg in Folge war perfekt.
Damit konnten die Königsspringer souverän mit18:0 Mannschaftspunkten den Hamburger Meistertitel erringen, wozu an dieser Stelle herzlich gratuliert sei. Wir sehen im nächsten Jahr dennoch wieder, da ihnen der Oberligaaufstieg durch ihre Erste verbaut wird. Uns steht dann dann wieder ein harter Abstiegskampf bevor, aber jetzt kann erstmal die Sommerpause genossen werden.